Samstag, 31. Mai 2014

Detektorbau (II): Drehkondensator

Der Schwingkreis, an den später die Gleichrichterdiode angeschlossen wird, ist das zentrale Element des Detektorempfängers. Seinem Aufbau muss besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn er muss so verlustarm wie möglich aufgebaut werden, um höchste Güte zu erreichen. Die Güte Q ist ausschlaggebend für die Bandbreite b (b = 1/Q x f) und für die Höhe der Resonanzspannung, die an der Diode zur Verfügung steht. Deshalb sollte man bei den beiden Bauelementen des Schwingkreises, der Spule und dem Drehkondensator auf höchste Qualität des Materials und der Ausführung achten.

Die amerikanischen Detektorbauer haben einen speziellen Ausdruck für den besten Drehkondensator eingeführt: Holy Grail, also Heiliger Gral. Zwischen ihm und gerade noch geeigneten Modellen gibt es eine breite Palette von Modellen mit unterschiedlicher Eignung. Für den Hauptschwingkreis ist das Beste gerade gut genug. Bei zweikreisigen Modellen werden, wenn man nicht zwei gleich gute Drehkos besitzt, Kompromisse eher im vorgeschalteten Antennenkreis eingegangen.

Ein Prachtexemplar: versilberte Lamellen, keramische Isolierung
und eine kugelgelagerte dicke Achse versprechen hevorragende
mechanische und hochfrequenzmäßige Eignung. -- Foto: DB4IW
In der Seitenansicht erkennt man, dass auch die Drehachse aus
HF-Keramik besteht. Je nach Auslegung des Schwingkreises
kann man auch zwei oder drei Segmente des Dreifach-Drehkos
parallel schalten. Die Spule muss man dann passend wickeln.
Foto: DB4IW
Auf jeden Fall sollten die verwendeten Drehkos Luftisolation zwischen den Plattenpaketen aufweisen. Übliche Rundfunkdrehkos sind nicht erste Wahl, jedoch nicht völlig ungeeignet. Wenn man den Holy Grail mit versilberten Plattenpaketen und keramischer Isolierung besitzt, kann man sich entspannt zurücklehnen. Silber ist der beste Leiter, und weil die HF-Ströme nur an der Oberfläche bewegen und kaum ins Material eindringen, reicht eine gute Versilberung allemal. Zweitbestes Plattenmaterial ist Aluminium, das man in den meisten Luftdrehkos findet. Aluminium ist ebenfalls ein sehr guter Leiter, nicht allzu weit hinter dem Silber.

Aus den Anfängen des Rundfunks kennt man wunderschöne Drehkondensatoren mit Messingplatten und verchromten Rahmen, die man am liebsten gar nicht in dunklen Gehäusen verstecken möchte, weil ihnen die Schönheit eines Oldtimers innewohnt, in dem gutes und ästhetisches Handwerk steckt. Für Detektorempfänger sind sie aber weniger gut geeignet. Zum einen ist Messing nicht das allerbeste Material für HF-Anwendungen, zum anderen entsprechen die Isoliermaterialien nicht mehr dem heutigen Stand der Technik. Solche Drehkos verwendet man am besten in Röhren- oder Transistorschaltungen, wo man nicht mit jedem Picowatt Antennenenergie geizen muss, weil man die Güte des Schwingkreises leicht durch Energiezufuhr per Rückkopplung erhöhen kann.

Ein sehr schöner Einfach-Drehkondensator, den man wegen seiner
Lamellen aus Messing aber eher in einer Audion-Schaltung als in
einem Detektorradio verwenden wird. -- Foto: DB4IW
 Die HF-Eigenschaften von Isoliermaterial sind beim Detektorbau ein großes Thema, dazu eines, das sich viele noch nie bewusst gemacht haben. Das gilt aber nicht nur für die Isolierung zwischen den Plattenpaketen des Drehkos, sondern ebenso für Spulenkörper. Ein entscheidender Wert ist der dielektrische Verlustfaktor tan δ (nicht zu verwechseln mit der Dielektrizitätszahl) bei 1 MHz, auf den ich später noch einmal zurückkomme.

Ebenso wichtig ist aber auch die mechanische und thermische Stabilität. Deshalb sind für HF-Anwendungen hergestellte keramische Stoffe besonders gut geeignet. Schließlich will man ja, dass beim Drehen am Abstimmungsknopf an derselben Stelle immer wieder dieselbe Kapazität erreicht wird und dass sich der Schwingkreis nicht bei jedem Grad Änderung der Umgebungstemperatur gleich verstimmt. Aber bei Hochfrequenzanwendungen sind auch nicht alle keramischen Stoffe geeignet, sondern für diesen Zweck vom Hersteller optimal zusammengemischte. Porzellan oder Glas sind weniger geeignet. Von den natürlich vorkommenden Stoffen hat Glimmer die besten Eigenschaften, es findet sind in manchen Abgleichkondensatoren (Trimmer).

Ein anderer wichtiger Aspekt bei Drehkondensatoren ist der Plattenschnitt. In die Thomsonsche Schwingkreisformel geht der Kapazitätswert in der Quadratwurzel ein. Das bedeutet, dass sich bei einer Änderung der Kapazität um den Faktor 4 die Frequenz nur um den Faktor 2 geändert wird. Für unseren Detektorempfänger eignet sich deshalb ein halbkreisförmiger Plattenschnitt weniger, weil die Kapazität sich linear mit dem Drehwinkel ändert und dann im oberen Mittelwellenbereich die Stationen beim Abstimmen allzu eng aufeinander sitzen, was die Abstimmung enorm erschwert.

Zum Glück gibt es auch verschiedene logarithmische Plattenschnitte. Am besten wäre der Plattenschnitt, der eine frequenzlineare Skala ermöglicht, auf der dann 530 und 540 kHz genauso weit voneinander entfernt sind wie 1600 und 1610 kHz. Leider findet man diesen fast nur bei den alten Messing-Chrom-Exemplaren, die für Detektorschaltungen aus anderen Gründen weniger geeignet sind. Ein anderer, etwas „runderer“ logarithmischer Plattenschnitt für wellenlineare Skalen stellt aber einen brauchbaren Kompromiss dar.

Einen guten Einblick in die Welt der Drehkondensatoren – oder besser: der variablen Kondensatoren, denn nicht alle drehen sich – geben diese Webseiten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Variabler_Kondensator

http://www.jogis-roehrenbude.de/Roehren-Geschichtliches/Drehko/Drehko.htm

Um wirklich gute Drehkondensatoren zu finden, braucht man heute schon einige Geduld. Immer wieder einmal taucht ein Exemplar auf einer Auktionsplattform auf, und manchmal kann man dann sogar richtige Schnäppchen machen. Wer Kontakte zur weltweiten Gemeinde der Detektorbauer pflegt, dem wird manchmal aber auch im Kreis der Hobbyfreunde geholfen. Dass aber jemand, der etwas von der Sache versteht, seinen Holy Grail für kleines Geld herausrücken würde, darauf wird man wohl vergeblich hoffen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen